Symphonia Culinaria by Loki Miller

Symphonia Culinaria by Loki Miller

Autor:Loki Miller [Miller, Loki]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Kapitel 14

Ben

Ich könnte ihr stundenlang zusehen, wie sie mein Essen genoss. Die anderen plappern dabei, loben meine Kunst, sagen, sie hätten nie etwas Besseres gegessen. Ich glaubte ihnen, weil ich wusste, dass es stimmte.

Die einzige am Tisch, auf deren Meinung ich wirklich Wert legte, blieb stumm. Das wurmte mich. Gleichzeitig fragte ich mich, warum ich von ihr gelobt werden wollte. War ich ein Hund, der Streicheleinheiten brauchte? Bestimmt nicht!

Doch warum dann? Ich hatte keine Angst vor den größten Gastro-Kritikern, wieso dann vor Nikas Meinung? Bisher gab es nur einen Menschen, den ich mit meiner Kochkunst beeindrucken wollte. Doch der hatte beschlossen, kein Wort mehr mit mir zu reden. Vielleicht war es genau das. Die Angst davor, dass sie das einzig Gute an mir nicht mochte. Denn ihr wollte ich nichts vorspielen, wie all den anderen.

Zumindest hatte sie ihren Teller leer gegessen. Das war ja schon mal kein schlechtes Zeichen. Oder? Ich war so nervös wie vor meiner ersten Livesendung. Bedächtig legte sie das Besteck auf den Teller, in der richtigen Anordnung, um dem Kellner zu signalisieren, dass sie fertig war. Wer bist du, Nika? Auf der Straße lernte man so etwas jedenfalls nicht. Je näher ich sie betrachtete, umso mehr Kleinigkeiten fielen mir auf. Die zarten, langen Finger, die nicht perfekt manikürt, aber auch nicht abgefressen oder zersplittert waren. Sie trug wieder nur ein Top, weshalb ich ihre nackten Arme mustern konnte. Keine Narben, keine Einstiche, keine blauen Flecke, keine Tätowierung. Sie strahlte eine unverfälschte Reinheit aus, die mir noch bei keinem anderen begegnet war. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass irgendetwas oder irgendjemand diese Frau so verärgern konnte, dass sie Rache nehmen wollte. Das passte nicht zu ihr.

Ich schreckte aus meinen Überlegungen auf, als ihre Augen meine fanden, sie festhielten und sie fast schon zärtlich liebkosten. Am Rande registrierte ich jetzt erst, dass wir mittlerweile alleine am Tisch saßen. »Es war wunderbar, Ben. Noch viel besser als in deinem Restaurant.«

»Du warst in einem meiner Restaurants?« Ich wollte nicht so überrascht klingen, sondern mich nur über ihr Kompliment freuen, aber es war ein weiterer Hinweis darauf, dass sie keine Nutte oder Obdachlose war. Edelnutte vielleicht. Aber meine Kellner waren darauf trainiert, diese zu erkennen und diskret zu entfernen. In den Großstädten gab es davon mehr, als man dachte. Und keiner möchte über zweihundert Euro für ein Menu ausgeben, wenn am Nachbartisch eine gekaufte Begleitung saß.

Sie nickte. »Ja, am Geburtstag meiner Mutter. Dein Oberkellner war eigentlich ganz nett. Bisschen affig, aber nett. Er hat mich sogar mit meinen Gummistiefeln reingelassen.« Sie zwinkerte mir zu und lehnte sich entspannt in ihrem Campingstuhl zurück.

Wenn überhaupt möglich, war ich noch verwirrter. »Gummi...stiefel? Wo war das?«

»Sage ich dir nur, wenn du versprichst nicht gleich auszurasten und den armen Mann zu feuern.«

Ich ließ die Lehne meines Campingstuhls los, die ich so fest umklammert hatte, dass meine Knöchel wehtaten. Eine Hand glitt zu meiner Hosentasche, in der ich das Handy mit Alex‘ Nummer aufbewahrte. Es war eine mittlerweile vertraute Geste, die mir zur Ruhe verhalf, wenn ich eigentlich herumschreien wollte.



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